Sei, Kaiser Wilhelm, hier lang’ deines Volkes Zier

In diesem Semester verbrachte ich ungewöhnlich viel Zeit mit dem sogenannten Zweiten Deutschen Reich (hat nichts mit dem ZDF zu tun). Ich besuchte mehr oder weniger regelmäßig eine Vorlesung, die die Ursprünge des Ersten Weltkriegs erforschte, erfuhr in einem Seminar über den Frieden von Versailles vom ‚schweren Erbe‘ eben jenes ZDW und saß in einem Seminar, das sich zur Aufgabe gemacht hatte, die politischen Reden Wilhelms II. zu analysieren.

Zu Wilhelm mag man stehen wie man will. Ich habe mich in letzter Zeit bei vielen Menschen unbeliebt gemacht, mit meiner These, dass ich das Recht habe, Menschen für gestört zu halten. Aber hier steh ich nun mal, ich kann nicht anders. Wilhelm II. hatte einen ordentlichen Schuss weg, was aber evtl. auch an fehlender Mutterliebe (Freud) und dem angeblich dadurch entstandenen Interesse von 1919 bis 1941 mehrere holländische Wälder dem Erdboden gleich zu machen lag. Herr Hahn vertritt die These, dass Wilhelm massiv durch seinen Pädagogen auf seinem Kasseler Gymnasium geschädigt wurde und außerdem an ADHS litt. Ich glaube, dass mehrere Jahrhunderte Vermehrung in einem beschränkt ausgewählten Personenkreis (Kreis, haha) ihr übriges taten. Aber immerhin stammt Wilhelm auch von Leuten ab, die ihre Kinder mit dem Tode bedrohten.

Der letzte deutsche Kaiser starb im Exil in Doorn, das ich heute aufsuchte. Gemeinsam mit meinen Kommilitonen, Dozenten, Herrn Hahn und Freunden von Herrn Hahn. Und dort erfuhr ich so einiges. Zum Beispiel, dass unser holländischer Guide (Historiker sind totally pc) Wilhelm viel toller fand als wir das taten und auch zur Kriegsschuldfrage von 1914 war er sich sicher, dass alle Mächte an einem Krieg interessiert waren. Der Mann ist studierter Physiker. Weiterhin war es außerordentlich interessant zu erfahren, dass Wilhelm in der aktuellen deutschen Politik eine Gesinnungsfreundin hatte. Unser Guide erklärte nämlich, dass Wilhelm Zwo sich jeden Abend in seinem (zugegeben) kleinen Häuschen in Doorn mit ausgewählten Vertretern der deutschen Reaktion zum abendlichen Plausch einfand. Seine Lieblingsthemen waren dabei Sozialismus, Bolschewismus und – ja wirklich – Nationalsozialismus. Unser Guide meinte, Wilhelm Zwo hätte sich besonders am Sozialismus im Nationalsozialismus gestoßen. Frau Steinbach, die 413 bitte, Frau Steinbach, bitte. Daneben erfuhren wir die Lebensgeschichte der in Holland anscheinend sehr verhassten zweiten Frau von Wilhelm Zwo und sahen, was Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch alles so für Utensilien nutzten, um ihre Handschuhe anzuziehen oder sich die Schnürsenkel zu öffnen. Nicht zu vergessen, dass wir auch die Gräber von Wilhelms vier Dackeln zu Gesicht bekamen:

Und natürlich das Mausoleum in das man Wilhelm 1942 verfrachtet hat.

Angeblich soll der Kasten von Albert Speer persönlich entworfen worden sein. Ins Mausoleum selbst darf man nicht, dazu braucht man erst die Erlaubnis des derzeitigen Chefs des Hauses von Hohenzollern. Aber man kann auch einfach durchs Fenster schauen und merken, dass Wilhelms letzte Ruhestätte derzeit von einer schmucken Plastikplane überzogen ist. Dass Wilhelm überhaupt in einem Mausoleum und nicht in guter Oranje-Erde begraben ist, hat den Grund, dass er testamentarisch verfügt hat, nur in deutscher Erde begraben zu werden. Das Problem ist allerdings, dass er ebenso testamentarisch verfügt hat, dass er erst in deutsche Erde umgebettet werden will, wenn in Deutschland die Monarchie wieder errichtet ist. Momentan sieht das ja gar nicht so schlecht aus, sollte Christian Wulff also in den nächsten Wochen mit den Worten

„Lobet mich nicht, denn ich bedarf keines Lobes;
Rühmet mich nicht, denn ich bedarf keines Ruhmes;
Richtet mich nicht, denn ich werde gerichtet werden“[1]

abdanken, könnten wir einfach einen seiner Ur-Ur-Enkel auf den Thron hieven (ob der das will, ist eine andere Frage) und Willi endlich in deutsche Erde. Die royale Hochzeit hat leider bereits letztes Jahr stattgefunden. Wenn Sie wissen wollen, warum gerade dieser Ur-Ur-Enkel momentan als Einziger Chef des Hauses Hohenzollern sein darf (und nicht etwa dieser Herr hier), dann schreiben Sie es doch einfach in die Kommentare und ich überlege mir, ob ich die Lösung verrate. Ansonsten habe ich nämlich nur das Gefühl ich würde Sie langweilen.

Kommentare

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