Schlagwort: feuilleton

My friends all drive Porsche I must make amends

Edit 10.6.2013: interessanten Hinweis eines Lesers erhalten. Die Dame, von der der unten verlinkten Spiegel-Artikel stammt, arbeitet bei der dpa, weswegen der Artikel, so oder so ähnlich auch noch bei RP Online, dem Kölner Stadtanzeiger und der Mittelbayerischen zu finden ist.

Samstagmorgenlektüre, die den Puls ganz schnell auf Betriebstemperatur bringt. SpiegelOnline veröffentlicht Plattitüden, die Geisteswissenschaftler (die meisten sind übrigens schöngeistige Akademiker – also quasi das studentische Äquivalent zum journalistischen Feuilleton) bei der Berufswahl helfen sollen.

1. Ich soll mir also Gedanken über mein Berufsfeld machen. Toller Tipp, wäre ich selbst nicht drauf gekommen. Eigentlich glaube ich die ganze Zeit, nach dem Studium einen privaten Förderer zu finden, der sein ganzes Geld in meine kruden Forschungsideen stopft. Naturwissenschaftler, Ingenieursstudenten und alle anderen Vernünftigen wissen natürlich immer ganz genau, was sie machen wollen. Biologen z.B. haben auch keine Probleme beim Jobfinden, das ist ein ausgemacht geisteswissenschaftliches Problem.

2. Für Geisteswissenschaftler sei es besonders wichtig die eigenen Stärken zu erkennen. Alle anderen, nun ja, die haben ja anständig studiert, die können so irgendwie mitschwimmen, die finden dann auch in jedem Fall einen Job, der muss sie dann nicht ausfüllen, Hauptsache das Geld ist da. In Feedbackkursen mit anderen sollen Geisteswissenschaftler am besten schon früh die eigenen Stärken erkennen. Durchaus ein nützlicher Tipp. Die Frage ist: gilt das jetzt nur speziell für Geisteswissenschaftler? Lohnt sich das nicht für alle?

3. Seminare zur beruflichen Orientierung besuchen. Herzallerliebst. Geisteswissenschaftler lernen ab Tag 1 ihres Studiums, sich Antworten auf die Frage “Und? Was machst du später mal damit?” zu überlegen. Zu Beginn des Studiums beantworten sie diese Fragen in aller Regel noch ernsthaft. Irgendwann passiert dann allerdings sowas. Außerdem: natürlich gibt es Leute, die sich nach dem Abitur erstmal an der Universität parken (und die gibt es wahrscheinlich in allen Fächern), die sind aber meist innerhalb von zwei Semestern wieder weg. Ich würde also generell bezweifeln, dass sich Geisteswissenschaftler KEINE Gedanken über ihre berufliche Zukunft machen, wie der Artikel suggeriert. Nein, eigentlich sitzen die meisten, die ich kenne, zitternd vorm Kalender, der das Ende des Studiums anzeigt und wissen dabei schon recht genau, was sie können und was sie wollen – die Frage ist nur: will sie jemand?

4. Auch hier findet sich der vielzitierte Vorwurf, Bachelorstudenten wüssten nach ihrem Abschluss nichts mit sich anzufangen und hätten keinen Plan. Bachelorstudenten haben auch in den Geisteswissenschaften ein Wochenpensum zu bewältigen. Der Arbeitsmarkt für Geisteswissenschafts-BAs ist quasi kaum vorhanden, weil alle auf den MA hinterm Namen warten. Ich hatte während meines BAs Vorlesungen zum Thema “Historiker im Beruf”. Es kamen: Magister und vor allem Promovierte (gut, ich war auch einer der ersten BA-Jahrgänge, aber es hat sich bis heute nicht geändert). Also bleibt Folgendes: neben Hausarbeiten in den Semesterferien zu schreiben, sich um nichtbezahlte Praktika bemühen, gute Noten schreiben und den MA noch machen.

5. “Das Wichtigste ist rechtzeitig mit der Karriereplanung anzufangen.” Der nächste Jobtipp-Beratermist, der demnächst veröffentlicht wird, ist dann wahrscheinlich ein Interview mit einem Personaler, der ausdrücklich nicht an geraden Lebensläufen interessiert ist. Abgesehen davon, wahrscheinlich ist es auch für Naturwissenschaftler, Bauingenieure et alii (Come on, ich hab Latinum!) wichtig, zu wissen, was sie mal werden wollen, Praktika zu machen und sich über ihre Zukunft klar zu werden.

Fazit: wahrscheinlich nett gemeinter Artikel, der mir als Leserin aber wieder nur suggeriert, dass Geisteswissenschaftler minderwertige Schöngeister sind, die lieber im Elfenbeinturm rumhängen als “an sich zu arbeiten”, fürderhin also selbst Schuld sind, wenn sie nach dem Studium noch nicht mal mehr den Taxischein machen dürfen.

(Fernseh-) Heimatland

Heute Abend startet mit Homeland eine sehr gute Sendung. Da das deutsche Feuilleton derzeit gar nicht von seinen Lobeshymnen ablassen kann, werde ich Ihnen jetzt nicht auch noch erzählen, wie wunderbar großartig erzählt und gespielt Homeland ist (ups). Stattdessen frage ich mich seit geraumer Zeit, warum und weshalb auch diese Serie wie ganz, ganz, ganz viele Sendungen vor ihr, erst so spät im deutschen Fernsehen zu sehen ist (in den USA ist Staffel zwei mittlerweile gelaufen) – oder warum noch niemand auf die Geschäftsidee eines halbwegs gescheit empfangbaren Senders gekommen ist, der nur Serien im Originalton ausstrahlt. (mehr …)