Das Buch, was hier gerade als “Auf dem Nachttisch” angezeigt wird, ist mehr so ein Alibi. Tatsächlich schreibt (bzw. schrieb) Herr Hobsbawm immer sehr anschaulich und auch sein Übersetzer hat das ziemlich gut hinbekommen, aber in der Sommerhitze ist der Marxismus im 21. Jahrhundert wirklich auch ein wenig anstrengend. Deswegen zog ich gestern nach dem Unwetter los und ging in die Akademikerbuchhandlung an der Uni (nein, nicht Bouvier). Dort kaufte ich mir einen Krimi.
Denn: ich mag Krimis und entgegen meiner ausgeprägten Abneigung ländlicher Gebiete mag ich Krimis darüber dann doch ganz gerne. Aber mehr als seichte Lektüre nebenher. So griff ich dann zu Elke Pistors Eifler Zorn. Und das war auf der einen Seite schon gut, auf der anderen nicht so.
Eifler Zorn spielt – Überraschung – in der Eifel. Im Herbst. Bei den aktuellen Temperaturen eine angenehme gedankliche Abwechslung. Und auch die Thematik war für mich gut: es gab mal wieder ein geschichtliches Hintergrundthema – ohne das rühre ich Krimis ja nie an (bringt Jan Seghers demnächst eigentlich mal wieder was raus?).
Problem: ich bin mitten in eine Reihe gestolpert, weswegen ich mich erstmal einrichten und ein paar Leute kennenlernen musste. Hätte ich das nicht gemusst, hätte ich das Buch vielleicht nicht ganz so überladen empfunden, wie ich es nun mal tat, denn:
Eifler Zorn ist “multiperspektivisch” geschrieben. Es gibt zwei Erzählstränge, wovon einer um die Jahrhundertwende spielt. Dann gibt es noch die Ich-Erzählerin Ina Weinz und eine auktoriale Perspektive. Mindestens auf eine von beiden hätte ich verzichten können, weil sie mich wirklich verwirrt haben – das kann aber natürlich auch daran liegen, dass ich nicht mit Buch Eins angefangen habe.
Das Geschichtsthema war hingegen gut verarbeitet (und das ist wohl das erste Mal, dass ich so etwas erzähle) und Bonn hatte eine kleine Nebenrolle, sodass ich mich auch halbwegs mit dem Buch identifizieren konnte, Poppelsdorf hat eine kleine, große Nebenrolle und durch den Kontrast Eifel wirkt Bonn tatsächlich wie eine Weltstadt (hier gibt es sogar Stau!). Dagegen halte ich die Eifel nach meinem letzten Besuch ja auch weiterhin für eine Außenstelle des Sauerlands.
Der Fall selber war solide und hat mich gut hinters Licht geführt – das mag ich. Allerdings bin ich auf so manchen Trigger nicht angesprungen und das hat evtl. mit Buchbesprechungen im Radio zu tun. Wie erst kürzlich bei der lieben Nessy geschehen, verraten solche Sendungen gerne mal zu viel. Auf Eifler Zorn war ich letztes Jahr im Rahmen einer WDR5-Krimispezialsendung (oder war es direkt ein ganzer Tag?!?) gekommen. Dort plauderte die Autorin Elke Pistor dann fröhlich, wie sie auf die Idee mit dem Buch gekommen war und worum es geht. Das im Hinterkopf waren mir die Lösungsvorschläge, die mir der Buchrücken präsentierte, dann doch etwas zu hanebüchen: die Geschichte mit den okkulten Sekten, die im Nationalpark Eifel angeblich ihr Unwesen treiben, war dann doch etwas überzogen.
Dafür liest sich Eifler Zorn recht schnell weg, man lernt, wofür Vor- und Frühgeschichte unglaublich nützlich sein können, dass Freilichtmuseen nicht bloß zum Durchwandern gut sind und dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die BSB sämtliche Reichstagsprotokolle digitalisieren lassen haben.
Achja: auch wenn in der Schlussbemerkung erklärt wird, warum das Buchcover von Karusselpferden geziert wird, haben die mit der Geschichte rein gar nichts zu tun und machten auf mich einen eher gruseligen Eindruck, der – wenn ich die Schlussbemerkung richtig verstehe – gar nicht so gewollt ist.
Elke Pistor
Eifler Zorn
Hermann-Josef Emons Verlag 2012
ISBN: 978-3-95451-013-9
9,90 Euro
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