(Fernseh-) Heimatland

Heute Abend startet mit Homeland eine sehr gute Sendung. Da das deutsche Feuilleton derzeit gar nicht von seinen Lobeshymnen ablassen kann, werde ich Ihnen jetzt nicht auch noch erzählen, wie wunderbar großartig erzählt und gespielt Homeland ist (ups). Stattdessen frage ich mich seit geraumer Zeit, warum und weshalb auch diese Serie wie ganz, ganz, ganz viele Sendungen vor ihr, erst so spät im deutschen Fernsehen zu sehen ist (in den USA ist Staffel zwei mittlerweile gelaufen) – oder warum noch niemand auf die Geschäftsidee eines halbwegs gescheit empfangbaren Senders gekommen ist, der nur Serien im Originalton ausstrahlt.

Es ist nämlich so, liebes Feuilleton: die meisten Menschen um mich herum wissen selbst schon, wie gut Homeland ist. Sie haben es nämlich schon gesehen. Die einen auf nicht besonders legalem Weg über diverse Anbieter im Netz, die anderen haben jeden Montagmorgen 2,99 Euro bei iTunes für die HD-Version hingeblättert, um herauszufinden, ob Dana immer noch so nervig ist.

Interessanter Weise habe allein ich durch Mundpropaganda drei Leute dazu bekommen, die Serie im englischen Original vor ihrer Ausstrahlung im deutschen Fernsehen zu gucken.  Dass Serien durch das Internet viel “sehbarer” geworden sind, hat mehrere Gründe.

Der erste wäre wohl: Verfügbarkeit – immer und überall. Geht im Fernsehen eher schlecht, aber selbst da könnten einige Serien öfter verfügbar sein, als sie es letztendlich waren. Ich weiß bis heute nicht, wie Doctor House ausgegangen ist, weil RTL gerne mal den Rückspuhlknopf an der Fernbedienung benutzt und die Serie damit bis in die Unkenntlichkeit verstückelt hat (ja, das ist so altmodisch wie es sich anhört).

Selbst fremdsprachige Serien könnten heute viel einfacher in Deutschland zu haben sein. Sind sie aber nicht. Due to copyright-restrictions ist die fünfte Staffel Mad Men in Deutschland derzeit zum Beispiel nur durch einen amazon- oder irgendwas anderes-Import zu kriegen. Das “großartige” daran ist übrigens, dass das deutschen Fernsehjournalisten egal zu sein scheint. Der Spiegel hat zumindest bei Staffel 5 von Mad Men eine große Ankündigung geschrieben und auch über Homeland war in der Druckausgabe im Oktober schon zu lesen. Danke, der Pawlowsche Reflex setzte schneller ein, als mir lieb war. Ich habe die fünfte Staffel Mad Men dennoch geguckt – fragen Sie mich nicht wie, aber ich habe vorher mehrere Stunden damit verbracht, diversen Anbietern mein Geld in die Tasche zu stopfen. Leider kam ich aus dem falschen Land, man wollte mein Geld daher nicht.

Anders war das mit Homeland. Pro7 und sat1 haben da anscheinend für all ihre amerikanischen Serien ein Abkommen mit iTunes, dass diese nach der Ausstrahlung in Amerika auf iTunes sofort käuflich erwerbbar sind. Und das gefällt mir sehr, denn deswegen gucke ich seit Jahren Grey’s Anatomy nicht mehr mittwochs auf Pro7 (oder ist da der Sendeplatz mal wieder getauscht worden?). Homeland konnte ich auch direkt nach Ausstrahlung im iTunes-Store erwerben. Weil die Serie so bestialisch gut gemacht ist, stand ich die letzten drei Monate des Jahres 2012 deswegen immer sehr früh morgens auf, um mich auf den Langley-Stand zu bringen. Bezahlt habe ich dafür etwa 30 Euro, was immer noch günstiger ist als sich für ca. 46 Euro die Staffel von irgendwoher zu importieren. Allerdings darf ich sie jetzt auch nicht brennen und nur an 5 Abspielgeräten meiner Wahl wiedergeben. Die fünfte Staffel Mad Men hingegen kriege ich in 31 Stunden für 19 Euro, aber eben erst jetzt und nicht im Mai letzten Jahres.

Das einzige Problem an der Sache: Warum sollte ich mir Homeland mit vermutlich grausamer Synchronisation anschauen (ich will hier niemanden vorab verurteilen, aber wenn Damian Lewis die gleiche Synchronisation wie in “Band of Brothers” abgekriegt hat, werde ich weinen), wo ich doch schon sämtliche Folgen kenne? Womit wir am Anfangs- oder Endpunkt des Teufelskreises angelangt wären. Das überall hochgepriesene ausländische Serienfernsehen, das deutsche Sender aus dem oder aus dem Grund nicht hinkriegen, hat hierzulande auch wenig Chancen. Es mag sein, dass ich in einer Filterbubble lebe, in der all meine Bekannten und ich eine Ausnahme von der Regel bedeuten (wenn ich mir allerdings die angebliche Bedrohungslage von kino.to angucke, das ja auch Serien im Angebot hatte, kann ich das schlecht glauben), aber wir machen auch irgendwas an der Quote aus.

Und da sich das Angebot Serien vor dem deutschen Ausstrahlungstermin zu sehen zumindest auf iTunes ja anscheinend lohnt, hätte ich jetzt folgende Frage:

Liebes deutsches Fernsehen, dass du uns ständig Serien schenkst, die in sich abgeschlossen sind, immer die gleichen Rollenbilder im Angebot hast und dessen “Entwicklung” ich seit 15 Jahren wohl aktiv verfolge, warum bist du denn nicht in der Lage Spartenprogramme anzubieten, die statt 24 Stunden am Tag RomComs, einfach Serien im Originalton mit meinetwegen Untertiteln anbieten? Dass das ganze einen gewissen Lerneffekt erzielen könnte, glauben übrigens nicht gerade wenige Menschen. Vielleicht kriegt man den einen oder die andere Englischhasser*in dazu, anhand ihrer Lieblingsserie zurück an die Vokabelbox zu kehren. Vielleicht auch nicht, aber wäre das nicht mal einen Versuch wert?

Ich werde heute abend übrigens Homeland gucken, ich habe zwar nicht mal eine dieser 6000 GfK-Boxen, fließe also noch nicht mal wirklich in die repräsentative Quotenmessung ein, aber irgendwie habe ich dann das komische Gefühl, etwas Gutes zu tun.

Kommentare

Sebastian sagt:

Und die Stimme von Brody war grausam… :/

[…] (Fernseh-) Heimatland | Leben im 21. Jahrhundert […]

endolex sagt:

[[Beginn des solidarischen Rants]]
Amen, was die Bedarfsbekundung angeht. Ich aber setze keine große Hoffnung in ein für mich bereits totes und verwesendes Medium. Ich beziehe ‘meine’ Serien und Filme* im O-Ton weiterhin über ‘andere’ Wege, und solange es von diesem doofen Anti-Englisch-Land aus keine Möglichkeit gibt, das legal zu tun (und zwar am Tag der Ausstrahlung bzw. Kinopremiere im Ursprungsland), bleibe ich dabei. Ich möchte nämlich ‘meinen’ Content auch gucken wann ich möchte und dabei nicht von Uhrzeiten oder Örtlichkeiten abhängig sein.

*(auch so skandalös in Deutschland: Versuche hier in Bonn mal Wreck-it Ralph im Original zu gucken – Fehlanzeige. Im O-Ton laufen ja nur ‘große’ Filme, und alles was animiert ist, ist ja automatisch Kinderkram, genauuuu…*mecker*)

[[Ende des solidarischen Rants]]

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