Kategorie: Ernst

Vollidioten

Die Südtiroler Band Frei.Wild ist bekannt für ihre Neue Deutsche Härte (Edit: nennen wir es stattdessen besser einfach nur Musik) und kommt damit auch gut an. Ihre Texte sind mindestens patriotisch, Rechtsextremismusforscher ordnen ihre Musik aber den klassischen Rechtsrock-Themen zu. Die Band Jennifer Rostock möchte keine Frei.Wild-Fans mehr bei ihren Konzerten sehen. Nach einem Proteststurm hat die deutsche Phono-Akademie, die den ECHO vergibt, Frei.Wild jetzt von der Liste der diesjährigen ECHO-Nominierten gestrichen. Um den ECHO in der Kategorie „Rock/Alternative National“ zu bekommen, muss man im vergangenen Jahr zu den Bestplatzierten der offiziellen Top-100-Album-Charts gehört haben.

Das tun Frei.Wild und mit ihnen auch Unheilig, MIA., Kraftklub und die Ärzte. Nach den Regeln des Wettbewerbs war es also in Ordnung Frei.Wild für den Echo in dieser Kategorie zu nominieren – der ECHO, das haben die Ärzte schon bemerkt, ist eben ein Mainstream-Preis. Genauso nachvollziehbar war es aber auch von MIA. und Kraftklub sich von ihrer Nominierung zu distanzieren. Frei.Wild-Sänger Phillip Burger war Anfang der 2000er Jahre Mitglied der Rechtsrock-Band Kaiserjäger und hat sich bis heute nicht wirklich davon distanziert. In Frei.Wild-Liedern wie „Gutmenschen oder Moralaposteln“ wird vom Hass auf Andersdenkende gesungen. Das Perfide daran ist, dass Frei.Wild in ihrer Argumentationskette nur mit vermeintlichen Totschlagargumenten kommen: “Ihr findet uns scheiße? Weil ihr Gutmenschen seid!”, “Ihr sagt, wir wären nationalistisch? Wo singen wir das denn, hm?”.

Vieles wird von der Band eben nicht eindeutig ausgesprochen, weswegen es schwierig ist, zu sagen, Frei.Wild seien offen rechtsradikal – aber man kann ihre Texte so interpretieren. Die Band sagt immer wieder, sie sei unpolitisch, ihr Umfeld ist es aber nicht. Die NPD hat schon angekündigt, am Rande der ECHO-Verleihung eine Mahnwache für Frei.Wild abzuhalten und gestern ging ein ziemlich verwirrtes Video eines ziemlich verwirrten Neonazis durchs Netz, dessen Aussage darauf eingedampft werden kann: “Bushido hat den Bambi, also muss Frei.Wild den Echo bekommen. Und beide Preise sind nichts wert.”. Frei.Wild hat eine Menge Fans, sonst wären sie nicht für den ECHO nominiert worden. Gerade deswegen ist es gut, dass sich mit nominierte Bands von Frei.Wild distanziert haben, denn die Aussagen, die Frei.Wild in vielen ihrer Texte vermitteln, brauchen Gegenwind – auch wenn der von den Fans häufiger nicht verstanden wird.

Reden hilft – Alltagssexismus

Inspiriert von kleinerdrei, Frau Dingens und KatiKürsch.

Ich muss sagen, ich persönlich habe in den letzten Jahren kaum noch Erfahrung mit Street Harrassment gemacht. Das mag aber vielleicht auch daran liegen, dass ich abends wenig aus dem Haus gehe und mich eigentlich (wenn auch ungern) ständig in Menschenmassen bewege. Dennoch habe auch ich in meinem Leben diverse Erfahrungen machen “dürfen”.

Die eindrucksvollste war wohl die, als ich in Köln mit 15 in einer Buchhandlung stand, ein älterer Herr sich mir von hinten näherte und Spaß daran hatte, meine Hüfte anzufassen und sich an mir zu reiben. Fluchtmöglichkeit gab’s mangels Büchertisch vor mir nicht. Das Ganze geschah so schnell, dass ich erst realisierte, was das war, als der Mann sich schon aus dem Staub gemacht hatte. Vergessen habe ich es bis heute nicht.

Eines Abends im Sommer, nach einer Party ging ich mit einer Truppe Mädchen nach Hause. Wir kamen an ein paar Jungs vorbei, die uns offen ihre Liebe bekundeten: “Ey, isch beschütz disch!”, “Ey und isch, isch fick disch!”, auf die Antwort: “Haltet eure Klappe!” kriegte ich dann mit ziemlicher Wucht ein Feuerzeug gegen das Bein geschossen. Und wir beeilten uns eigentlich nur noch, dass wir weg kamen.

Das sind zwei Geschichten. Es gibt sicherlich noch viel mehr, die ich verdrängt habe, weil in unserer Gesellschaft wenig darüber gesprochen wird, was Alltagssexismus ist. Daniel macht bei kleinerdrei in den Kommentaren einen ziemlich guten Vorschlag, wie ich finde:

“hab respekt! flirten oder jegliche form der kontaktaufnahme ist nicht sowas wie dein »recht«, es »steht« dir nicht »zu« und du darfst es »ausüben«. nimm also nicht für selbstverständlich, dass irgendjemand mit dir reden möchte. wenn du dann doch jemanden ansprechen möchtest: sei nett, höflich, freundlich und gib dem gegenüber nie das gefühl, dass er nur zu deiner persönlichen bespaßung da ist. wenn du ernsthaft an jemandem interessiert bist, kannst du durch freundliches auftreten und ansprechen das auch vermitteln. wenn die andere person jedoch signalisiert (und auf diese signale muss man achten), dass er_sie nicht möchte, dann muss man das immer ernst nehmen und sich zurückziehen. und oft kann man diese signale schon vor der kontaktaufnahme lesen. eine person, die nachts alleine schnellen schrittes durch eine leere straße huscht, sendet für mich nicht die signale aus, angesprochen zu werden. deswegen hätte ich auch keinen grund ihr deshalb hinterher zu laufen.”

Und dann sollten wir darüber reden, was wir als Sexismus wahrnehmen. Reden hilft nämlich.

Niemand ist illegal

“Niemand ist freiwillig auf der Flucht. Das eigene Land, die “Heimat auf immer und ohne Aussicht auf eine Rückkehr zu verlassen, das ist garantiert kein Zuckerschlecken sondern etwas, was die Not allein gebietet. Deportation ist die Höchststrafe nach der Todesstrafe.”

Und weil das so ist, bitte ich Sie, sich den Text, aus dem dieses Zitat entnommen ist, komplett durchzulesen.

Noch mehr Senf zu #609060

Seit ca. zwei Wochen mache ich bei #609060 mit. Und auch mir ist ähnlich wie Anne aufgefallen, dass ich mir viel mehr Gedanken um meine Kleidung mache. Es macht mir zum ersten Mal auch wieder richtig Spaß, Klamotten rauszusuchen. Ich war lange Zeit der Überzeugung, dass ich keinen Stil habe und vielleicht habe ich den auch immer noch nicht. (mehr …)

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Angefangen hat alles mit der Fliegerbombe in Schwabing und der Feststellung der Kaltmamsell, dass auch diese Bombenfunde zeigen, dass kein Strich unter die deutsche Geschichte zwischen 1933 und 1945 gezogen werden sollte. Full ack. Die aktuelle Ausgabe der Zeit mit dem Titelthema “Wann vergeht Vergangenheit?” tat ihr übriges. Soweit ich das sehen kann, sind weder die Interviews mit den Historikergrößen aus In- und Ausland, noch der Kommentar “Vorhaut ohne Ende. Der Angriff gegen zwei Weltreligionen” von Josef Joffe im Internet zugänglich, was ich außerordentlich bedauere.

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