Aufmerksamen Lesern dieses Blogs könnte unter Umständen aufgefallen sein, dass mein Jahresvorsatz auch in diesem Jahr grandios in der zweiten Woche gescheitert ist. Das liegt in erster Linie daran, dass ich mir gleichzeitig vornehme, keine Vorsätze zu haben, sodass sich theoretisch immer mindestens ein Vorsatz, den ich fasse, erfüllt und – zum anderen – hatte ich mir da auch ein Buch ausgesucht, das es in sich hatte. (mehr …)
Schlagwort: Geschichte
Mit der Bitte um kurze Aufmerksamkeit
Als 2009 das Kölner Stadtarchiv einstürzte, war ich gerade aus dem ersten Semester meines Geschichtsstudiums raus und leicht unmotiviert, weil die erste Klausur für die es eine Note gab, nicht so richtig gut geklappt hatte. In zwei Proseminaren hatte ich aber von einem Neuzeitler und einem Alte Geschichtler genug gelernt, um zu wissen, was der Einsturz des Stadtarchivs für Folgen haben musste.
Wikipedia sagt, dass 90 Prozent des Archivgutes 2009 verschüttet waren. Mittlerweile lagert alles, was gerettet werden konnte, in Asylarchiven. Da kann und soll es aber nicht ewig liegen bleiben – vor allem, weil viele Archivalien erst in ihr Heimatarchiv zurückkehren müssen, bevor sie restauriert werden können.
Was bedeutet das jetzt für uns? Angenommen, wir (denn jeder, der will kann ein Archiv benutzen) hätten Lust darauf, das Kölner Stadtarchiv zu benutzen (um alte Akten zu lesen oder die Familiengeschichte vlt. näher kennenzulernen), geht das momentan kaum bis gar nicht. Es gibt das Digitale Archiv der Stadt Köln – das eine sehr tolle Einrichtung ist, aber und jetzt kommt das Aber: Historiker stehen auf gedruckte Bücher und andere Überreste der Vergangenheit. Urkunden im Original zu lesen oder Akten, die durch mehrere Hände gegangen sind, machen wir nicht nur, um uns elitär zu fühlen (hust), sondern auch, weil uns das Stück Papier ein wenig mehr erzählen kann als sein Digitalisat. Und auf Echtheit prüfen (in Punkto Siegel etc. pp.) geht vor Ort natürlich viel besser – das dürften auch die zur Zeit wieder etwas in den Fokus gerückten Hitler-Tagebücher bewiesen haben.
Man könnte jetzt meinen, es wäre der Stadt Köln ein Anliegen, ihr Archiv möglichst schnell wieder aufzubauen. Es sieht momentan nicht danach aus. Weil die Zukunft des Stadtarchivs derzeit sehr wacklig ist, nutze ich diesen Blogpost dazu, höflich um die Unterzeichnung dieser Petition zu bitten.
Wenn Sie sich tiefer ins Thema eingraben möchten, empfehle ich Ihnen Herrn Schmalenstroer und Herrn Graf.
Zutatenliste für einen Historienfilm
Man nehme:
– ein möglichst ungleiches heterosexuelles “Übermenschen”-Pärchen. Besonders gut ist die Kombination verzogene, freiheitsliebende Tochter aus gutem Hause und Underdog (klappt mindestens seit Titanic und Titanic hat Oscars gewonnen!). Die Frau muss dringend aus Versehen schwanger werden, etwas damit hadern und sich schließlich aber für das Kind entscheiden. Wichtig ist desweiteren, dass das Pärchen als moralisch absolut korrekt dargestellt wird, es darf an seinem immer gemeinsamen Handeln nicht zweifeln. Am Ende muss übrigens nicht alles wieder gut werden, war bei Titanic ja auch nicht so. Aber sie kriegt das Kind!!! Das symbolisiert nämlich Hoffnung und Zukunft und außerdem lebt er in dem Kind weiter!!!
– eine schlimme Geschichte aus der Vergangenheit, die mindestens einen Protagonisten bis heute belastet (gerne können hier auch Inzest-Themen aufgegriffen werden, die sich am Ende des Films als vollkommen unbegründet herausstellen). Im besten Falle belastet dieses Ereignis aber den männlichen Protagonisten, um den Selfmade-Charakter zu unterstreichen, generell darf der Underdog eigentlich keine wahren Freunde haben.
– Hilflose Frauen mit Kindern müssen in dramatischen Situationen ins Bild gerückt werden und vom Underdog, der sein eigenes Leben riskiert, gerettet werden.
– einen Holzhammer.
– ein möglichst zugekleistertes Drehbuch, die Protagonisten müssen Gutmenschen-Stereotypen erfüllen, die Antagonisten Schlechtmenschen-Stereotypen, weswegen man alles nur andeuten, aber nicht zu Ende erklären kann.
– Geschichtliche Atmosphäre kann gerne durch Musik erzeugt werden. Natürlich muss das Ganze sprachlich in einen Kontext gesetzt werden, das bedeutet, wenn man Swingmusik spielt, dann müssen als konservativ dargestellte Menschen reflexartig “N-Musik!!!” schreien.
– Steuert die Handlung auf ein vermeintlich wichtiges Historisches Ereignis entweder in Form eines Unglücks (Reichstagsbrand, Nazis, Hindenburgexplosion, Mauerbau) oder eines Glücks (Ende des Zweiten Weltkriegs, Luftbrücke, Mauerfall) zu, ist es sehr wichtig, dass sämtliche Protagonisten schnellstmöglich an den Ort des Geschehens eilen und am Ausgang von diesem mindestens in einer Nebenrolle beteiligt sein müssen.
– Zeitgenossen sollten immer die Zukunft haargenau voraussagen können (“Deutschland wird wiedervereint werden!” “Deutschland wird anders aussehen!”). Teleologie FTW!
– Tragische Momente gehen spätestens seit Schindlers Liste nicht mehr ohne den epochalen Einsatz von Streichinstrumenten.
– Im Anschluss senden wir noch tolle Dokus zum Thema und machen vielleicht noch ne Gesprächsrunde.