Bravo lesen

Ich hatte mal eine mehr oder minderschwere Obsession für Teeniemagazine. Woher das kam, weiß ich nicht so genau. Aber auch da wuchs ich hinaus. Ähnlich wie ich irgendwann aus Magazinen wie Joy, Glamour usw. rauswuchs, brülle mittlerweile den Fernseher, wenn taff mir wieder irgendwie erzählen will, wie ich mein Leben zu leben hätte oder welcher Urlaub auf Teneriffa jetzt der günstigste ist und das von sechs Leuten total subjektiv bewerten lässt. Da eines meiner größten Hobbys – wie Menschen, die mich kennen, bestätigen können – “Aufregen” ist, kann ich bis heute an keiner Bravo oder Mädchen vorbei laufen. Und weil die Titelthemen meistens so bescheuert sind, will ich dann doch wissen, was drin steht. Deswegen besitze ich zur Zeit die aktuelle Ausgabe der Bravo (1,50 Euro) und die aktuellste Ausgabe der Mädchen (1,95 Euro). Ich teile Ihnen jetzt mal meine Erkenntnisse mit. Die Besprechung der Mädchen folgt, wenn mein Hirn wieder auf Betriebstemperatur abgekühlt ist.

Bravo

Das Cover

Die Bravo macht diese Woche damit auf, dass ich doch bitte ganz ich selbst sein solle. Ich soll mich trauen, frech zu sein. Außerdem erklärt mir Miley Cyrus, wie sie ihren Traum als “Twerk-Queen” so lebt. Irgendein Star-DJ zeigt mir seine Luxus-Bude auf Malle und es gibt Fotos von Vanessa Hudgens und Ashley Tisdale, die zusammen im Urlaub waren (irgendwo ganz hintern in meinem Kopf sagen mir diese Namen sogar etwas). Das Highlight ist aber das Goodie, das in keiner Bravo fehlen darf. Ich habe in meiner Ausgabe ein Bügelbild “Twerking is not a crime!”, ich hätte es schlimmer treffen können und Sprüche wie “Deutschland wird Weltmeister. Isso.” oder “Cool Boys don’t dance” abkriegen können, lediglich die brasilianische Nationalflagge hätte ich noch etwas besser gefunden als mein Twerking-Bildchen.

Die Tipps

Konsum

Bravo ist ja dazu da, dass die mit Taschengeld vollgestopfte, aber leider zahlenmäßig nicht ganz so riesige deutsche Teeniepopulation schön konsumiert. Direkt auf den Seiten vier und fünf werden Produkte im Gesamtwert von 92 Euro beworben. Es handelt sich um High Heels, USB-Sticks in Smiley-Optik (8 GB für 15 Euro) und Frisbee-Scheiben. Außerdem werden mir die fünf coolsten Schuh-Onlineshops verraten. Neben schuhtempel24 und ital-design, sind auch Geheimtipps wie goertz, zalando und deichmann mit dabei!

Statement-Socken in der Bravo. Das nächste ganz große Ding! (entnommen aus: Bravo, Nr. 23, 2014, S. 7.)

Statement-Socken in der Bravo. Das nächste ganz große Ding! (entnommen aus: Bravo, Nr. 23, 2014, S. 7.)

Wenn ich richtig cool sein will, kaufe ich mir übrigens High Heels, denn die sind immer ein Blickfang. Darin trage ich dann am besten Statement-Socken. Auf den Sohlen der Statement-Socken sind nämlich Dinge eingestickt, wie z.B. MILF (okay, es soll Teeniemütter geben, aber so viele dann auch wieder nicht, oder?). Bravo gibt mir den Tipp:

“Wie kein Smartphone zur Hand? Wen interressiert’s! Mit geilen Statement-Socken machst du jedem schnell klar, was bei dir abgeht – und das mal ganz anders als per WhatsApp, Facebook & Co.!”

– Ähh, ja, genau. Kurze Frage: Wenn ich mir diese Socken kaufe und kurz ein Statement mit meinen Socken abgeben möchte, dann könnte ich stattdessen doch auch einfach jedem S*A*G*E*N*, dass ich eine heiße MILF bin anstatt mir umständlich die Schuhe auszuziehen und meinen Mitmenschen meine Füße vor das Gesicht zu halten? Abgesehen davon kostet ein Paar dieser Socken mal eben 11 Euro.

Außerdem verrät mir die Bravo welche Youtube-Superstars ich kennen muss. Ich würde direkt fast behaupten, dass das 11- bis 16-jährige besser wissen als der durchschnittliche Bravo-Redakteur, denn selbst ich kenne mit Kollegah, HerrTutorial und Y-Titty drei der sechs krassen Youtube-Superstars.

Miley Cyrus und Justin Bieber

Wenn man sich die Bravo öfter anguckt bzw. kauft, kann man das Gefühl bekommen, dass es sich hier um das offizielle Sprachrohr der Twerking Queen handelt. Grandios an der Interview-Führung ist, dass Frage Eins wie folgt lautet:

“Miley, die meisten Leute wollen mit dir nicht über deine Musik reden, sondern über dein Privatleben. Regt dich das nicht manchmal total auf?”

Die gute Miley antwortet, ja, das würde sie schon ein wenig aufregen, aber das ist Sandy Russell von “The Interview people” egal. Sandy Russell will nämlich eigentlich auch nur wissen, wie Miley sich erhole, wenn sie genervt sei, ob sie dann shoppen oder feiern gehe? Ob man sich denn in Clubs wirklich erholen könne? Ob die Bodyguards, die sie ja immer dabei hätte, nicht auch manchmal nerven? Was sie vermissen würde, wenn sie morgen nicht mehr berühmt wäre? Ob sie auf der Bühne ein anderer Mensch sei? Und dann, huch, geht’s mal ganz kurz um Mileys Musik, weil in ihrem neuen Song “Can’t Stop” geht es ja wohl um sie und ihre Partyexzesse.

Justin Bieber ist aktuell nicht so wohl gelitten wie Miley. Justin Bieber befindet sich nämlich auf Einschleimtour, nachdem er ja in den letzten Monaten so ein schlimmer Junge war. Deswegen twittert er jetzt verzweifelte Sachen, knutscht seine Mama, trinkt nicht mehr und lässt sich von seinen Fans anfassen! Aber: das meint der doch gar nicht ehrlich, finden zumindest seine Fans, schreibt Steffi Jakob von der Bravo.

Liebe

Anhand des mir vollkommen unbekannten “Traumprinzen” Tristan Klier (über 36.000 Follower auf Twitter, sonst weiß ich nicht, was ihn so qualifiziert) und seiner Freundin Bella Thorne, kann ich heute in der Bravo lernen, wie ich meinen Schwarm erobere. In erster Linie muss ich ihn zähmen, denn Bella hat der Bravo verraten:

“Er war vorher kein Beziehungs-Typ.”

Man zähmt Männer laut Bella Thorne am besten, indem man sich rar macht, wer sofort beim ersten Date rumknutscht, tja, der hat halt keine langfristige Beziehung verdient. Bella hat Tristan Klier ganze sechs Wochen zappeln lassen, verrät sie. Wahrscheinlich nicht weiter tragisch für den, er hatte in der Zwischenzeit bestimmt genug Dates mit den ganzen Mädels, die gleich beim ersten Date rumknutschen. Slutshaming FTW! Und wie behält man dann diesen so schwer erreichbaren Mann? Bellas Erfolgsrezept: Man sollte viel Zeit mit ihm verbringen und ehrlich sein. Also auch mal mit zum Footballspiel gehen. Dann kann man auch erwarten, dass der Loverboy Briefe in Büchern und Taschen versteckt und einem regelmäßig rote Rosen zukommenlässt.

Schlimm sind Mädchen auch, wenn sie sich zu oft mit unterschiedlichen Jungs treffen. Als Beispiel dient in der aktuellen Ausgabe Dougie. Dougie ist irgendein One-Direction-Sänger und hat ein Problem mit seinem Flirt. Die sagt von sich, dass sie keinen “Boyfriend” braucht. Aber das schickt sich nicht für eine junge Frau, wie die Bravo, vertreten von Nelly Simon, weiß. BRAVO weiß nämlich, warum Ellie Goulding Angst vor einer Beziehung hat. Jedenfalls zitiert die Bravo sie mit:

“Ich hab meine Clique um mich und fühl mich null einsam. Ich brauche keinen Freund.”

Könnte man jetzt so stehen lassen, aber dann wäre der Artikel nach nur zwölf Sätzen schon beendet. Stattdessen weiß die Bravo von Ellie Goulding höchstpersönlich, dass diese beziehungsgestört ist, weil ihr Vater von zuhause abgehauen ist, als sie fünf war. Wir lernen also: es ist generell verwerflich ständig wechselnde Dates zu haben. Entschuldigen kann man das eigentlich nur mit einer schlimmen Kindheit und selbst da rät einem die Bravo am Ende:

“Komm schon, Ellie, gib dir und Dougie eine Chance!”

 

“Trends & Lifestlye”, “Dr. Sommer” und “Real Life”

Was ich durch diverse Artikel lerne:

– In drei Wochen kann man einen geilen Sixpack bekommen, wenn man jeden Tag 60 Minuten Liegestütze, Sit-ups und Hantelstemmen betreibt, dazu kein Junkfood isst, sich jemanden sucht, der mitmacht – dann darf man auch einmal pro Woche “richtig reinhauen”.

– Beliebt wird man, indem man aufschreibt, wo die eigenen Schwächen und Stärken liegen und das danach mit den Freunden abgleicht. Dabei kann dann auch schnell rauskommen, dass die selbst als Stärke empfundene Eigenschaft von anderen gar nicht so als Stärke empfunden wird. Also unbedingt immer auch auf andere hören, was die Selbsteinschätzung angeht. Darüber hinaus hat die Bravo auch noch super Tipps, was man an sich verändern kann. Wenn man meint, man wäre hilfsbereit, dann sollte man auch hilfsbereit sein. Ähh ja. Außerdem:

Deine Ausstrahlung wird positiver, wenn du einfach so bist, wie du bist.

Bazinga! Jungs mögen mich nur, wenn ich mich natürlich gebe. Mega-Make-Up ist bei Jungs eher nicht so angesagt (warum machen die dann eigentlich noch Schminkstrecken? Ach ja, Konsum.). Statt Make-Up wird mir aber geraten:

Tipp: Ein Lächeln wirkt einladend, und das macht es ihm viel leichter, dich anzusprechen.

Jungs hingegen dürfen nicht immer alle anlächeln:

Du stehst auf ein Mädchen? Dann schenk ihm besondere Aufmerksamkeit. Wenn du zu allen gleich nett bist, erkennt es den Unterschied nicht.

Mädchen sind also nur dann mit Aufmerksamkeit zu behandeln, wenn man was von ihnen will? Abgesehen davon: für den Fall, dass ich nicht heterosexuell bin, hat die Bravo übrigens nichts parat.

– Die Bravo beschäftigt sich mit einer Transsexuellen. Es gibt einen kurzen Abschnitt der Lebensgeschichte und am Ende erfährt man dann:

“Mehr über Akindras Leben kannst du immer dienstags um 23.15 Uhr auf RTL2 in der Serie “Transgender – Mein Weg in den richtigen Körper” erfahren.”

Dazu gibt es aber auch einen Hinweis zu Beratungsangeboten von dgti.org.

Kommentare

Weil die in der Arbeit rumliegt, lese ich sie fast jede Woche… es ist wirklich ein einziges Fremdschämen. Was bei dir jetzt etwas zu kurz kam: die furchtbare Sprache.

[…] bekannt sein dürfte, lese ich sehr gerne Bravo. Alte wie aktuelle Ausgaben. Anne und ich haben jetzt zusammen die Bravo gelesen und das aufgezeichnet. Wer sich das anhören […]

[…] bekannt sein dürfte, lese ich sehr gerne Bravo. Alte wie aktuelle Ausgaben. Anne und ich haben jetzt zusammen die Bravo gelesen und das aufgezeichnet. Wer sich das anhören […]

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