Die mit der Stange tanzt

(Foto by @BeverlyBeuel)

Ich bin dem Fitti untreu gewesen und das auf einem Junggesellinnenabschied! Naja, so richtig untreu kann man es wohl nicht nennen, ich habe eben in den Armen einer anderen gesucht, was ich im Fitti nicht fand. Und das ist: Poledance. Manche Menschen verdienen mit Poledance ihren Lebensunterhalt, allerdings sind sie da dann meistens gezwungen, sich in Miniröckchen und Strassstein-BH zu zwängen, wohingegen ich gestern sehr leger in meiner gammeligen Sporthose und dem “Halt die Fresse, krieg’n Kind”-Olli-Schulz-Shirt auflief – oder besser in halber Position trippelte.

Poledance sieht sehr schön aus. Wenn man es kann und einen Körper wie die gestrige Vorturnerin hat. Anscheinend ist es auch total einfach zu erlernen, wenn man ein 2-jähriges Kind, sich vor 6 Wochen den Fuß gebrochen, nachdem man vor 2 Monaten mit dem Poledance angefangen und, das Wichtigste, eine Ausbildung zur Tanzlehrerin hinter sich hat. Ganz nebenbei wurde man natürlich auch von der Natur mit einem Körper gesegnet, der an Perfektion grenzt.

Hat man das alles nicht, sieht es eher aus wie eine Rutschleiter-Übung der Feuerwehr Oer Erkenschwick, die sich zudem im Männerballett versucht. Aber erstmal müssen die schicken Poledance-Stangen ja aufgebaut werden. Dazu werden sie in solange auseinandergeschraubt bis dass sie einigermaßen gerade zwischen Fußboden und Decke eingeklemmt sind. Dann gibt es ein paar Aufwärmübungen, die ich fitti-erprobtes Wesen belächeln MUSSTE (Kopf nicken, das ist doch keine Aufwärmung!).

Aber ab an die Stange: Wichtig ist, dass man immer in der halben Position, also auf Zehenspitzen geht, sonst sieht man nämlich aus wie ein Elefant, und das, meine Damen und Herren, wird der Leichtigkeit dieser Sportart absolut nicht gerecht. Außerdem fördert dieses “Auf-den-Zehenspitzen”-Gehen, dass man später besser in High-Heels tanzen kann. Die ersten zehn Minuten verbringen wir damit, jeweils drei Schritte in die eine Richtung um die Stange herum zu laufen und drei in die andere Richtung. Ich frag mich dabei die ganze Zeit wo diese heißen Moves bleiben, die ich schon beim Zumba so großartig fand.

Aber wir sind hier ja beim Poledancen, heiße Moves sind quasi einprogrammiert. Also schwinge ich mein Hinterteil ausladend nach links und rechts, während ich versuche mich möglichst lasziv gen Boden zu bewegen (vgl. auch Abb. 1). Äußerst ungut ist dabei, dass meine Knie knacken, so wie andere Leute das mit ihren Fingern können, nur: ich kann das nicht abstellen und sie tun es wirklich JEDES VERDAMMTE MAL, wenn ich in die Knie gehe. Deswegen werde ich mir mein Studium und das, was danach kommen sollte, auch leider nicht mit Poledancing verdienen können, denn nichts ist unsexyer als meine knackenden Knie, abgesehen von der generellen Unsexyness mit der ich mich bewege. Po rausstrecken ist da noch leichteste Übung.

(Abb. 1)

Da wir jetzt lange genug um die Stange herumgetänzelt sind, dürfen wir unseren “Partner” (ja, unsere Trainerin nennt das Ding wirklich so) endlich mal anfassen. In erster Linie besteht dieses anfassen darin, dass man den Ellbogen der rechten Hand gegen die Stange drückt, während der linke Arm darüber gestreckt, an der Stange zieht. Dann schwingt man das linke Bein “elegant” nach hinten und sollte beginnen, sich mit dem körpereigenen Schwung an der Stange zu drehen. Ungünstiger Weise habe ich seit 5 Wochen kein Hot Iron mehr gemacht, weswegen meine Arme leider gummiartig von der Stange abrutschen. Kraft ist was für Hochleistungssportler, Muskelkater ist was für UNS:

Also rutsche ich drehend an der Stange runter, was ganz schön in die Arme geht, wie ich einen Tag später erfahren muss. Und in die Bauchmuskulatur. Schlimmer wird es allerdings als ich mich “auf die Stange setzen” soll. Da ist gar nichts zum Sitzen. Also muss man sein Knie und seinen Fuß so gegen die Stange pressen, dass da irgendetwas Physikalisches entsteht (denn Poledance hat ganz viel mit Physik zu tun, wie unsere Trainerin weiß), dass man nicht runterfällt. Außerdem darf man sich mit den Armen festhalten, was bei mir auch dringend notwendig ist. Und anstatt locker und grazil auf der Stange Platz zu nehmen, mache ich etwas, was ich eher mit “Stange bespringen” oder “Stange besteigen” assoziieren würde.

Sobald man auf dem Ding drauf sitzt, denkt man dann: “Puh, das schlimmste ist vorbei!” Denkste. Man muss ja wieder äußerst sexy von der Stange runterkommen und das geht indem man langsam an ihr runterrutscht. Zwar war ich ausdrücklich dazu aufgefordert worden, eine Hotpants und wenn schon nicht die, eine kurze Hose anzuziehen, aber ich besitze keine kurzen Sporthosen aus Gründen, die ich hier – bis auf einen kurzen Hinweis auf weibliche Bequemlichkeit – nicht weiter ausführen möchte.

Es erwies sich dann dennoch als äußerst vorteilhaft, dass ich keine kurze Hose dabei hatte, denn man rutscht schneller an so einer Stange runter als gedacht. Was bei mir größtenteils an fehlender Oberschenkelmuskulatur lag und dann dazu führte, dass die Oberschenkel gut durchgescheuert wurden. Poledance ist im übrigen sehr anstrengend, macht aber irgendwie dann doch auch Spaß (wobei ich auf den Aspekt “Sexyness” durchaus verzichten könnte). Wer möchte kann sich auch eine Poledancestange kaufen und diese in sein Zimmer schrauben und heimlich in Unterwäsche trainieren.

Die gibt es schon zu einem relativ günstigen Preis für Leute, die dann solche Bewertungen schreiben:

Meine Freundin ihre Decke war 2cm größer als die Stange aber da haben wir ein Podest gekauft bzw gibt es solche kleinen im Baumarkt zukaufen oder man Bastelt sich selber eins.

Oder aber man nimmt eine teurere Variante und ist mal eben ca. 240 Euro los. Dann kann man bestimmt auch irgendwann mal kopfüber an der Stange turnen. Ich fand das ja schon ganz witzig, da an dieser Stange zu baumeln, auch wenn ich bezweifle, dass ich dem eigentlich Zweck des Poledancings in irgendeiner Weise nahe gekommen bin. Deswegen werde ich jetzt auch nicht wöchentlich nach Köln oder Düsseldorf fahren, um diese Sportart zu trainieren. In Bonn kann man es nämlich nicht und im Fitti will ich nicht nachfragen. Lieber gehe ich demnächst auf den Kinderspielplatz und nehme mir da eine Stange vor, denn das ist das Praktische an meiner nichtvorhandenen Sexyness: Selbst auf dem Kinderspielplatz wird niemandem auffallen, was für verwegene “Übungen” ich da mache…

Kommentare

BeverlyBeuel sagt:

Herrlich, einfach nur herrlich.
(Ich fand das Kopfnicken am Anfang gut, das konnte ich wenigstens.)

Tabet sagt:

:D She’s got it, yeah, baby she’s got it!
Wenn es da nicht Paralellen gibt:
https://wolkedrei.blogspot.de/2013/04/an-die-stange-madels.html
Wundervoll geschrieben und die Fotos… Danke!
Schreib doch eine Fortsetzung. ;)

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