Einem Mann kann das passieren, einer Frau nicht.

Hans Gruhl starb durch – wahrscheinlich unabsichtliche – Selbsttötung. Vermutlich, um sich in eine Szene für einen neuen Roman hineinzuversetzen, setzte er sich eine Pistole, deren Magazin er vorher entleert hatte, an den Kopf und drückte ab. Hierbei hatte er offensichtlich die Patrone im Lauf der Waffe nicht bedacht. (Wikipedia-Artikel zu Hans Gruhl)

Ich höre gerade die Hörspiele, die der Sender Freies Berlin und der WDR irgendwann mal aus den Krimis von Gruhl gemacht haben. Es hat ein wenig Charme, weil es sprachlich schon etwas weiter weg ist. Sehr weit weg ist auch das sexistische Frauenbild von Hans Gruhls Helden. Im Krimi “Fünf alte tote Damen” möchte der Protagonist eine Sprechstundenhilfe einstellen. Er kann aus drei Kandidatinnen auswählen und die verschiedenen Typen der Sprechstundenhilfe beschreibt Gruhl so:

Nicht mehr lange und die Damen, die sich bei mir als Sprechstundenhilfen beworben hatten, würden erscheinen. Wissen Sie, es gibt nämlich verschiedene Arten von Sprechstundenhilfen. Erstens die, die den Betrieb binnen kürzester Frist übernehmen, weil sie meist keine Chance mehr haben selbst einen unverheirateten Brotherren vom rechten Weg abzubringen, verschwenden sie mit derartigen Bemühungen keine Zeit, sondern streben die Alleinherrschaft auf schnellstem Wege an. Sie setzen die Reihenfolge der Patienten fest, teilen einem mit, wer heute unbedingt zu besuchen und bei wem es weniger wichtig wäre, klatschen mit den Patienten, die ihnen liegen, stoßen die vor den Kopf, die sich ihrer Gunst nicht erfreuen und trinken Kaffee wann sie wollen. Brüllt man sie an, weisen sie darauf hin, dass sie immerhin schon 30 Jahre im Beruf und einen derartigen Ton nicht gewöhnt wären. Die zweite Gruppe stellen die, die jung und wenig belastet von Kenntnissen von ihrem Institut kommen, aber dafür genau in der Kosmetik Bescheid wissen und den Beruf des Arztes als immer noch am sichersten in der Krise ansehen. Sie geben sich Mühe bei sämtlichen Handreichungen so oft wie möglich mit einem zusammen zu stoßen und leisten die Hälfte, wenn man die Frisur am Morgen nicht wieder einmalig findet. Sie haben auch privat Zeit und kochen Kaffee und bügeln das Hemd und ähm, naja, also die ganze Begeisterung erlischt schlagartig, wenn sie einen mit einem anderen Mädchen zu Gesicht kriegen. Schließlich gibt es solche an denen eigentlich eine Ärztin verloren gegangen ist, aber leider konnte die Schule nicht zu Ende besucht werden und nun wird das ganze Leben unter der Zurücksetzung gelitten. Das Leid verwandelt das Gesicht wie das einer Tragödie kurz vor ihrem gewaltsamen Ende und man tritt unwillkürlich leise auf und flüstert nur noch, um die Leidende nicht noch mehr zu beschädigen. Selbstverständlich gibt es auch patente Mädchen, aber die sind rar und eine Goldgrube war mein Laden nicht.

So geht das eigentlich die ganzen zwei Gruhl-Krimis, die ich bislang hörte, hindurch. Der – ich kann es leider nicht anders beschreiben – notgeile Arzt wird irgendwie in einen Kriminalfall verwickelt und bändelt wahlweise mit der Sprechstunden- oder der Röntgenhilfe an. In beiden Fällen sind es Mörderinnen, die entweder aus Habgier oder aus Rache morden und überführt werden können sie sowieso nur, weil sie Frauen sind, denn, so heißt es in “Die letzte Visite”:

Nur bei Ihnen, Fräulein Doktor, Sie hätten doch sicherlich gewusst, welches Zimmer in Betracht kommen könnte so wie Sie es jetzt eben auch gewusst haben. – Es waren mehrere Fenster, die in Frage kamen. – Gewiss, gewiss. (…) Sie sagten ihm, Sie hätten keine Ahnung. Wohlgemerkt keine Ahnung. Der Lichtschein muss in Ihrem Zimmer gewesen sein oder in den beiden links benachbarten. Es ist doch höchst unwahrscheinlich, dass eine Frau, die seit Monaten hier arbeitet, ihre eigenen Fenster von außen nicht kennt. Einem Mann kann das passieren, einer Frau nicht. Sie kennt jeden Vorhang, jede Blume auf dem Fensterbrett und weiß, wer rechts und wer links von ihr und wer am anderen Ende wohnt.

Ich weiß nicht so recht, warum ich mir diesen Schrott anhöre. Vermutlich, weil er nur das halbe Guthaben bei Audible kostet und weil ich herausfinden möchte, ob Gruhl in seinen Krimis eigentlich nur Mörderinnen vorsieht.

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